Petition - Anhang 2

Anhang II
Zur Petition »Wir sind das Volk-2009«

»ENDLICH DIE DEMOKRATIE VERWIRKLICHEN«

Wie am 11. August 2009, dem 90. Jahrestag ihrer
Unterzeichnung durch Friedrich Ebert, an die Weimarer
Reichsverfassung erinnert wurde. Symptomatisches.

Es war in diesem Jahr das erste Mal, wohl im Trend des Erinnerns der beiden historischen Ereignisse des Inkrafttretens des »Grundgesetzes« und der Gründung der BRD am 23. Mai 1949 einerseits und des anderen Datums, der – wegen eines kuriosen Irrtums Günter Schabowskis, des damaligen Sprechers des Politbüros der SED – noch auf die Abendstunden des 9. Novembers 1989 gefallenen Öffnung der Mauer andererseits, dass nach nun bald einem Jahrhundert mit einem bescheidenen Staatsakt am 11. August 2009 auch der Unterzeichnung der »Weimarer Reichsverfassung«, der ersten einer deutschen demokratischen Republik, gedacht wurde.

Als Festredner war, wie er an historischer Stelle zu Beginn seiner Rede schelmisch anmerkte, der derzeitige Präsident des höchsten, durch den Volkssouverän legitimierten Organs unseres Gemeinwesens, des Deutschen Bundestages, von diesem sozusagen »ausgeliehen«, um im Nationaltheater zu Weimar den Anlass zu würdigen. Man durfte gespannt sein auf seine Festrede, denn immerhin war Norbert Lammert als Professor und Diplomsozialwissenschaftler fachlich besser ausgerüstet als die allermeisten seiner Vorgänger oder noch hochrangigere Amtsträger [wie zum Beispiel der erste Bundespräsident Theodor Heuß als Historiker] es hätten sein können. Apropos Heuß: diesem war wohl der Blick auf die »Weimarer Verfassung« zeitlebens eine zu heiße Kartoffel, als dass er sich dieses Themas zu seiner Amtszeit hätte annehmen wollen, gehörte doch auch er als Abgeordneter im Reichstag zu jener Mehrheit, die am 23. März 1933 dem »Ermächtigungsgesetz« zustimmte, also Adolf Hitler legal zum DiReichspräsident Friedrich Ebert, 1923ktator einsetzte und damit die Volkssouveränität und die Republik faktisch liquidierte. Diese unsägliche Untat des Parlamentarismus mit den jahrelang vorhergegangenen Machtspielen der Parteien war es, die dafür die Hauptschuld trug, der Tyrannei des NS-Staates das Tor aufgestoßen zu haben. Es wird dieser Makel unauslöschlich am historischen Bild des deutschen Volkes schicksalhaft haften bleiben.

Zurück zu Norbert Lammert ins Jahr 2009. Wer auch immer die Rede, die er vortrug, geschrieben haben mag: Sie war geschickt arrangiert, gab sich mit dem Bezug auf Eberts Eröffnungsrede zur Konstitution der Weimarer verfassunggebenden Nationalversammlung am 6. Februar 1919 auch gleich zu Beginn beflissen kulturbewusst; berief Ebert sich damals doch unter anderem auf den »Geist von Weimar«. Dessen Atem sollte die Arbeit der verfassunggebenden Versammlung beflügeln.

Doch schon an dieser Stelle der Rede konnte der informierte Zeitgenosse bemerken, dass Präsident Lammert selbst – oder seine ghostwriter – nur oberflächlich kannten, was aus dem zitierten Anlass herausgegriffen worden war oder es sollte die spirituelle Substanz der Rede Eberts gar nicht wirklich vermittelt werden, weil sie auch für die Bundesrepublik und den sie beherrschenden Zeitgeist eine gar nicht beliebte geistige Herausforderung wäre, wenn man sie verstehen und gar nachvollziehen wollte in dem, was davon auch heute noch wegweisende Perspektive für die Gestaltung unserer gesellschaftlichen Architektur sein könnte und was davon sich im Kern in dem dann am 11. August 1919 unterzeichneten und am 14. August in Kraft getretenen Verfassungswerk niedergeschlagen hatte. Das hätte eine vortreffliche »Ruck-Rede« werden können, [von der ein anderer nur den Begriff erfand, doch18. März 1848 Revolution in Berlin nur Öde hinterließ].

Denn bei dem, was Ebert den »Geist von Weimar« nannte, ging es nicht bloß um einen abgehobenen »Idealismus«, wie das bei Lammert eher anklingt, sondern da wurde von Ebert in die Versammlung hinein von der großen und begeisternden Aufgabe gesprochen, für »das soziale Haus des deutschen Volkes ein neues Fundament zu schaffen.« Ebert erinnerte: »Wie der 9. November 1918 angeknüpft hat an den 18. März 1848, so müssen wir hier in Weimar die Wandlung vollziehen von der Weltmacht zur geistigen Größe. Jetzt muss der Geist von Weimar, der Geist der großen Philosophen und Dichter, wieder unser Leben erfüllen. Wir müssen die großen Gesellschaftsprobleme in dem Geist behandeln, in dem Goethe sie im zw9. November 1918, Philipp Scheidemann ruft die Republik auseiten Teil des Faust und in Wilhelm Meisters Wanderjahren erfasst hat.«

So wollte man, ein großes Ziel vor Augen, im Frühjahr 1919 an die Arbeit gehen, »das Recht des deutschen Volkes zu wahren, in Deutschland eine starke Demokratie zu verankern und sie mit wahrem sozialen Geist und sozialistischer Tat zu erfüllen.« Und Ebert schloss seinen ergreifenden Appell, der von stürmischem Beifall aufge­nommen wurde, mit dem Bekenntnis zu Johann Gottlieb Fichte: »So wollen wir wahr machen, was Fichte der deutschen Nation als ihre Bestimmung gegeben hat: „Wir wollen errichten ein Reich des Rechtes und der Wahrhaftigkeit, gegründet auf Gleichheit und alles dessen, was Menschenantlitz trägt.“« Das war kein blutleerer Idealismus, das war die Perspektive starker politischer Ideale einer anthro­pokratischen sozialen Vision.

Johann Gottlieb Fichte, um 1805Es kann hier nicht der Ort sein, diese Inspirationsrichtung für unser gesellschaftliches Leben näher auszuführen. Doch dieses vorkonstitutionelle Präludium der Eröffnungsrede Friedrich Eberts gehört elementar zur Weimarer Verfassung selbst, auch wenn es in deren juristischer Erscheinungsform schließlich nur Bruchstückhaftes enthielt und den Anspruch und die Begeisterung des Auftakts nicht zu erfüllen vermochte. Der tiefere Blick aber könnte zeigen, was für unsere heutigen gesellschaftJohann Wolfgang Goethe, 1828lichen »Krisen« – auch und gerade für die Finanzkrise, die Wirtschaftskrise und die Kulturkrise - alles zu offenbaren und heilsam zu gewinnen wäre aus dem »Geist« jener Quellen der »großen Philosophen und Dichter«, die Friedrich Ebert beim Namen nannte, nicht zuletzt auch aus den explizit angeführten Werken Goethes und Fichtes.

Nicht als eine geschlossene »Lehre«, Dogmatik oder Ideologie, sondern als eine Methode des Erkennens der Wirklichkeit in der Vermittlung von empirischem Erfahren und ideellem Beleuchten der Phänomene – »Goetheanismus« könnte ein Stichwort sein für eine neue Wissenschaft, mit welcher substanziell zu konkretisieren wäre, was mit hohlem Palaver über den inzwischen wieder verstummten Begriff einer deutschen »Leitkultur« perspektivlos zu wahlkampfpopulistischen Zwecken gelegentlich hochkochte. Es hätte dies ein Symptom sein können, uns auf die Aufgabe dieser neuen Wissenschaft aufmerksam werden zu lassen und sie als eine volkspädagogische Bewegung zu begründen, die aufdämmerte, als der Philosoph Friedrich Schelling, Friedrich Schelling, um 1800der mit Hegel und Hölderlin im Tübinger Stift eine denkwürdige Wohngemeinschaft bildete, zur Goethezeit vor 200 Jahren schrieb: »Wo soll es hinaus mit dieser jetzigen Trennung der Gelehrten und des Volks?« Er sieht »die Zeit kommen, wo das Volk, das so immer unwissender in den höchsten Sachen werden muss, aufsteht und sie zur Rede setzt und sagt: Ihr sollt das Salz eurer Nation sein; warum salzt ihr uns denn nicht? Gebt uns wieder die Feuertaufe des Geistes; wir fühlen, dass wir sie nötig haben und weit genug zurückgekommen sind!« [in »Clara« um 1816] Der »Geist von Weimar«, Goetheanismus als Wissenschaft für die Befreiung des Menschen, als Weg zur Selbsterkenntnis und Selbstbestimmung und zur gemeinsamen Gestaltung einer menschengemäßen sozialen Skulptur: das war auch die Joseph Beuys, um 1983Idee von Joseph Beuys mit der Formel »Jeder Mensch ein Künstler« und das waren die Botschaften von Schillers »Briefen zur ästhetischen Erziehung des Menschen« [1794], seiner »Ode an die Freude« [1785] und Beethovens IX. Symphonie [1825]: Freiheit und Brüderlichkeit, getragen vom Volk, der Gemeinschaft der Gleichen.

Goetheanismus: Das wäre eine originäre Quelle, die nicht Friedrich Schiller, 1794einfach schon mit der mehr oder weniger beherrschten deutschen Sprache – dann eventuell ganz kulturlos – ein bloßer Gebrauchswert wäre zur Bewältigung der alltäglichen Dinge wenn man halt hierzulande lebt, sondern ein auch für den muttersprachlich deutschen Menschen weder ein herkunftsmäßig noch sozialisationshistorisch vorgegebenes Element, vielmehr ein stets neu im aktiv-lebendigen Denken zu Erwerbendes als originärste Form der Produktivkraft kreativen Bewusstseins, um nachhaltig geistiges Neuland zu erschließen, wie Faust es – utopisch nach außen gewendet, doch: »alles Vergängliche ist nur ein Gleichnis« – in seinem Schlussmonolog als Vision verkündet: »Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.« [›› FN1 ]  

Ludwig van Beethoven, 1820Goetheanismus heißt insofern: Die Innenaktivität im Denken, Fühlen und Wollen verbinden mit dem sozialen Bauen, der gesellschaftlichen Aktivität in einer schöpferischen freien Kultur, einer bedarfsorientierten assoziativen Marktwirtschaft mit einem beiden organisch-funktional, das heißt selbstlos dienenden, nicht sie beherrschenden Bankensystem zur Gestaltung der monetären Erfordernisse des Kreditierens der Arbeit, des Investierens und des Subventionierens bei der Kapitalbildung [sowie des Sparens und Leihens im Konsumptionsfeld der Gesellschaft]; darauf richtet sich die Gretchenfrage für diesen Zusammenhang: »Wie hältst du‘s mit dem Geld?« [Manfred Schmidt-Brabant, Spirituell verstandenes Bankwesen. Geld – im Dienste des Menschen, 1995, S. 11 und S. 28 2. Abs.]. Dieses Ganze getragen vom demokratischen Recht, das ausgeht von der Bürgerschaft im Prozess der dreistufigen Volksgesetzgebung, in deren Lebensprozess sich auch der tätige Mensch dreifach spiegelt: Im Initiativrecht vorrangig sein konzeptionelles und urteilendes Denken, im Bürgerbegehren vorrangig sein abwägendes Rechtsempfinden und im Volksentscheid sein sittliches Wollen. »Das Volk« im Reigen mitteleuropäischer KulturimpulseErgänzt durch die Organe des parlamentarischen Rechtsstaates mit den ihm übertragenen besonderen Aufgaben in Exekutive, Legislative und Gerichtsbarkeit.

Damit kulminiert auch das mitteleuropäische Geistesleben in seiner politischen Dimension in der Trias jener Ideale [Werte], die uns auch mit den Errungenschaften der Französischen Revolution überkommen und zur europäischen Orientierung geworden sind: liberté, égalité, fraternité! Wäre letztere gleich ernst genommen worden wie die beiden ersten, hätte es nie den Irrweg des 1-Euro-Münze 1999 - liberté, égalité, fraternité!Kommunismus gegeben. Würden wir es, daraus die Lehre ziehend, heute tun, dann könnten wir mit Hilfe des oben erwähnten »Goetheanismus« alle Strukturen und Normen »erfinden«, die wir brauchen, um eine an der Würde des Menschen orientierte Weltgesellschaft aus den Erkenntnissen und moralischen Intuitionen der Einzelnen, der zusammenarbeitenden Gruppen, der Bürgerschaft der Nationen und der globalen Institutionen zu gestalten und umgekehrt diesen Begriff aus dem Artikel 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in der ganzen Architektur eines zeitgemäßen Verfassungsrechtes, ihn konkretisierend, abbilden.

Das wäre dann die Aufgabe, Immanuel Kants »Idee zu einer Geschichte in weltbürgerlicher Absicht« [1784] nach über zweihundert Jahren ernsthaft aufzugreifen und sie in zeitgemäßer Form – jenseits nationaler Engstirnigkeiten oder gar Immanuel Kant, 1791nationalistischer Arroganz – als Inspriation für ein identitätsstiftendes Bild einer neuen sozialen Zukunft der Menschheit selbstbewusst ins Spiel zu bringen.

So hätte eine Würdigung der Weimarer Reichsverfassung am 11. August an die Rede des Reichspräsidenten Ebert, wie es durch Norbert Lammert in Weimar ja formal geschehen ist, wesenhaft anknüpfen können, um dann mit dem Hinweis auf die »Aktion Gretchenfrage« und die Petition »Wir sind das Volk-2009« den goetheanistisch erweiterten und geschärften Blick auf jene Errungenschaft der Weimarer Reichverfassung zu lenken, die historisch ein solches Neuland-Element gebracht hatte, das wie kein zweites in sich alles hätte vereinigen und aus ihm Schritt für Schritt, frei und demokratisch legitimiert, hätte hervorgehen lassen können, was oben der Grundlinie nach skizziert ist. Jenes Element, das in der Rede Norbert Lammerts am 11. August 2009 leider nur beiläufig erwähnt wurde und selbst dabei noch eher mit negativem Akzent. Gemeint ist dasjenige der plebiszitären Demokratie, der Institution der Volksgesetzgebung, des Volksbegehrens zum Volksentscheid, wie es die Weimarer Verfassung in dieser Form konsequenter als in allen anderen Demokratien jener Zeit – die Schweiz eingeschlossen – aus den programmatischen Traditionen der deutschen Arbeiterbewegung aufnahm [die Forderung nach »Einführung der direkten Gesetzgebung, das heißt des Vorschlags- und Verwerfungsrechtes durch das Volk«, stand 1869 im ersten Programm der SDAP, dem »Eisenacher«, gleichrangig neben der »Erteilung des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts an alle Männer«] – und, wenn auch durch einen Parteienkompromiss nur bedingt aktivierbar, realisierte.

Doch weder der Präsident der Volksvertretung noch irgend ein rückblickender Bericht in den Medien kamen in ihren Betrachtungen zum 90. Jubiläumstag mit ernsthaften und qualifizierten Kommentaren auf diesen Gesichts­punkt zu sprechen. Norbert Lammert, das sei ihm gedankt, erwähnte wenigstens, dass man nicht begründet behaupten könne, dieses Element der direkten Demokratie habe Anteil am Scheitern der Republik gehabt – immerhin, nachdem in unzähligen Büchern und Artikeln von Historikern, Politologen und Staatsrechtlern eben diese Mär jahrzehntelang verbreitet worden ist.

Nein, das genaue Gegenteil trifft in Wahrheit zu. Die Volksgesetzgebung als Verfassungsinstitut war zwar – nach dem Stand heutiger Erkenntnis, wie er hier vertreten wird – noch nicht optimal ausgestaltet, wäre jedoch unter Berücksichtigung eines freien und gleichberechtigten öffentlichen Diskurses in den in voller Entwicklung vorhandenen Massenmedien über das jeweilige Pro und Kontra eines Volksbegehrens und Volksentscheides in den Jahren der Weimarer Republik, insbesondere in ihren ersten Jahren, als die Verhältnisse noch formbar waren, die einzig wirksame Therapie gewesen gegen die demokratiezerstörenden Turbulenzen des Parteienstaates und seiner parlamentarischen und präsidentialen Gemengelagen, die leider auch das plebiszitäre Element für ihre Intentionen funktionalisierten, anstatt zu erkennen, dass sie es aus eigenem rechtverstandenem demokratischen Überlebensinteresse hätten frei von Parteiinteressen kultivieren müssen. Im übrigen führten die wenigen Initiativen nach Artikel 73 der Verfassung nur in zwei Fällen bis zum Volksentscheid, deren jeweiliges Ergebnis aber wegen des nicht erreichten Beteiligungsquorums ungültig war.

Zum einen eine Rede im Sinn solcher Aufklärung und zum andern viele entsprechende Botschaften vonseiten der Medien an die Bevölkerung am 11. August: Das wäre eigentlich die demokratische Pflicht an diesem Tag gewesen. Stattdessen gab es keine einzige qualifizierte Erwähnung der Bedeutung der Errungenschaft der Volksgesetzgebung in der Weimarer Reichsverfassung. Es war, wenn überhaupt erwähnt, mal wieder so, als ob es sich dabei fast um etwas wie dem Aussatz Ähnliches handle, um das man am besten einen weiten Bogen macht, um ja keine Seuche loszutreten. Also totschweigen war auch am 90. Jahrestag die Devise. Totschweigen und die geschichtliche Wahrheit verkürzen und manipulieren, wie übrigens in diesem Punkt bisher auch kein einziges Schulbuch die Zusammenhänge korrekt beschreibt, sodass es vermutlich aus bloßem Schulwissen in der Geschichte der Bundesrepublik bisher niemanden gibt, der diesbezüglich hinreichende Kenntnisse hätte erwerben können.

Recht verstanden und recht entfaltet ist dagegen das, was wir heute die »dreistufige Volksgesetzgebung« nennen, der entscheidende Heilfaktor und Schutz gegen Fehlentwicklungen aller Art, die sich zwangsläufig in einem politischen System einnisten, das sich nur auf den Parlamentarismus beschränkt, anstatt sich für die komplementäre Demokratie zu öffnen, wie es zuletzt mit der vorliegenden Petition als Ziel angestrebt wird. Davon ganz abgesehen, dass sich ein solches System auch nicht klar ist darüber, dass der sog. »repräsentativen Demokratie« ohne den »Flankenschutz« oder die Fundamentierung der zeitgemäß entwickelten Volksgesetzgebung, also ohne den »Popularvorbehalt«, in seinem legislativen Handeln die begründende Legitimation aus der Quelle der Volkssouveränität fehlt [Näheres dazu siehe die beiden Texte »Zum Verhältnis von Wahl- und Abstimmungsrecht«  und »Zum Begriff des demokratischen Souveräns«]

Es sind diese Einsichten, die hierzulande noch nie Gegenstand des nachhaltigen öffentlichen Diskurses unter Beteiligung aller für das soziale Ganze mitverantwortlichen Institutionen sowohl des staatlichen wie des öffentlich-rechtlichen wie des privaten Bereichs waren. Das ist der Grund, mit dieser Petition einen erneuten Anlauf zu unternehmen, das zu erreichen. Dann wird der »Tempel« dieser Vision, mit der Goethe sein »Märchen« [1793] ausklingen lässt, der »besuchteste auf der ganzen Erde« sein.

David Newbatt, Schlußszene aus Goethes »Märchen«, um 1989

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FN 1
Diesen »Goetheanismus« zu entwickeln und zu pflegen ist aus der deutschen Geschichte vergleichbar dem, worauf alte Kulturvölker wie die Tibeter in China, die Inuits in Kanada oder die Maoris in Neuseeland beharren, wenn sie ihre Sprache und kulturellen Traditionen verteidigen und pflegen wollen, weil ihnen ansonsten über kurz der Verlust ihrer Identität drohen würde angesichts der Ansturmes der weitgehend ökonomisch und materialistisch dominierten Weltzivilisation. Mit dem Unterschied, dass »Goetheanismus« zwar in der deutschen Sprache beheimatet, doch keine alte Traditionsströmung, sondern eine noch ganz junge und volkspädagogisch aus dem schöpferischen Geistesleben eines jeden einzelnen Menschen erst noch umfassend zu entwickeln ist. Es bedeutet nicht bei Goethes Weltsicht stehenzubleiben, sondern seine Geistesart weiterzuführen.
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